Dienstag, Januar 17, 2006

Die Pao de Queijo Reportage

Falls irgendjemand sich jetzt denkt - das hatten wir doch schon mal..? - Richtig. Ich hatte den gleichen Eintrag auch schon mal im livejournal. Aber da das ja nun wirklich was mit Kochen und Backen zu tun hat, setz ich ihn hier auch nochmal rein.

Zur Vorgeschichte: Ich war 2001/2002 während der 11. Klasse für ein Jahr in Brasilien. Mit meiner Familie habe ich immer noch Kontakt und es ist eine wirkliche Familie für mich geworden. Seit meiner Rückkehr nach Deutschland habe ich sie dann zwei Mal wieder besucht, zuletzt im Sommer des vergangenen Jahres.
Bei dieser Gelegenheit haben meine (brasil.) Mami und ich dann auch endlich mal Pao de Queijo gebacken. Und deshalb ist sie also hier, die einzig wahre Pao de Queijo Reportage!

Ursprünglich dachte ich bei den Fotos der einzelnen Arbeitsschritte vor allem an meine brotbackverrückte (deutsche) Mama, aber vielleicht gibts ja auch sonst noch jemanden, dens interessiert. Ausprobieren lohnt sich - ich kenne bisher jedenfalls keinen, dem pao de queijo nicht geschmeckt hätte.



Aber erstmal - was heißt das überhaupt? Pao de Queijo heißt übersetzt eigentlich nur "Brot aus Käse" und ist ein traditionelles Gebäck aus Brasilien, genauer gesagt aus Minas Gerais, der Bundesstaat in dem ich gelebt habe.
Das Rezept enstand angeblich im 18. Jahrhundert, als (wahrscheinlich) Sklaven die einfacheren Polvilho-Kekse mit Käse anreicherten.
Polvilho (sprich: powiljo mit leicht nasalem o hinten *g*) ist Maniokstärke, ein Nebenprodukt bei der Herstellung von Maniokmehl (das als "farinha" ebenfalls seinen festen Platz in der brasilianischen Küche hat). In Brasilien gibt es süßen und sauren Polvilho, hier bekommt man über online-Shops meistens sowieso nur den sauren oder man benutzt geröstete Maniokstärke. Die heißt dann Tapiokastärke und man bekommt sie in Asia-Läden. Das sagt jedenfalls wiki, ich selbst war mir auch nie so ganz sicher, was jetzt denn genau was ist ;-)
Von Minas breitete sich die Köstlichkeit dann über ganz Brasilien aus. Inzwischen findet man in jedem Supermarkt tiefgekühltes Pao de Queijo (die größte Firma "Forno de Minas" produziert 1,6 t pro Monat..) - von kleinen Bällchen bis zu etwas über-handtellergroßen Formaten. Auch in Bäckereien und Lanchonetes (Imbissbuden) bekommt man Pao de Queijo normalerweise.

Gegessen wird es immer wenn man Hunger hat ;-), typischiser Weise aber zum "Cafe da tarde" eine Art Nachmittags/Abendskaffee/Abendessen, das man ca. zwischen 5 und 7 zu sich nimmt. Aber es spricht natürlich nichts dagegen, es zum Frühstück zu essen, in der Schulpause, bei Partys oder mal so zwischendurch *g*.

So, genug geredet, los gehts. Das Rezept stammt von meiner brasil. Mutter und ist laut ihr "das beste pao de queijo, dass sie je gegessen hätte". Sie hat meine volle Zustimmung - da kommt kein Fertigprodukt ran!

Pao de Queijo - brasil. Käsebrötchen


Zutaten


3 Eier
1 kg Polvilho azedo, ersatzweise Tapiokastärke
500 Gramm Queijo de Minas, gut trocken *
225 ml Wasser
225 ml Öl
675 ml Milch
1 geh. EL Salz

*Leider gibt es in Deutschland keinen "Minas-Käse", oft wird als Ersatz Parmesan verwendet. Meiner Meinung ist der allerdings zu geschmacksintensiv und kommt auch von der Konsistenz überhaupt nicht hin. Von der Konsistenz her würde gut abgetropfter, frischer Kuhmilchfeta (der vom Aldi..) hinkommen, eventuell gemischt mit Parmesan. Auch mittelalter Gouda wäre einen Versuch wert.
Und letztes Mal habe ich in einem türkischen Supermarkt einen Käse gesehen, der jedenfalls vom Aussehen her gut hinkommt. Die Testreihe muss ich noch starten, ich denke aber ich würde es mal mit Gouda oder Feta/Parmesangemisch versuchen.

So, genug den Kopf zerbrochen, ist mal ein Käse gefunden wird der gerieben und erstmal zur Seite gestellt.

Den Polvilho (das?) in eine große Schüssel geben, langsam das warme Wasser zugeben bis es nicht mehr staubt. Alle Klumpen gut zwischen beiden Händen verreiben. Das fühlt sich ziemlich komisch an und riecht noch komischer. Man verreibt aber so lange, bis die Stärke ganz fein ist. Das dauert..


Polvilho in der Schüssel


Milch, Öl und Salz zum Kochen bringen und sehr langsam nach und nach zur Stärke geben, dabei ständig rühren. Erst wird der Teig zäh-klumpig, nach weiterem Rühren wird er glatter und beginnt sich von der Schüssel zu lösen.


am Anfang..



..und am Ende


Die Eier im Mixer (für alle Nicht-Brasilianer tuts auch ein Handrührer ;-) ) gut vermixen, die Eiermasse nach und nach zu der Teigmasse geben und glatt rühren.


inzwischen sieht das ganze so aus


Den geriebenen Käse unterheben.


voilá


Um schöne Brötchen formen zu können den Teig für ca. 1 Stunde in den Kühlschrank stellen. Anschliessend lassen sich leicht Brötchen formen, die man entweder einfrieren oder gleich in den Ofen schieben kann.

Verzichtet man auf den Kühlschrank werden die Brötchen zwar vielleicht nicht ganz so gleichmässig schmecken aber genauso gut! Einfach Häufchen auf ein gefettetes Backblech setzen und backen, bis die Brötchen knusprig sind.


so sehen die Brötchen mit vorgekühltem Teig aus


Wir waren an dem Tag fleißig und haben den heißen Ofen ausgenutzt - so gabs auch noch "Pao de Leite condensado" - Brötchen, in deren Teig etwas gesüßte Kondensmilch kommt und Möhrenkuchen. So reich gedeckt sieht der Tisch also wirklich nicht alle Tage aus ;-)


na, Hunger bekommen? :)


Gar nicht mal soviel Aufwand, v.a. weil man ziemlich viele Brötchen bekommt, einen Teil isst man gleich, den Rest friert man ein und hat so ganz schnell was Leckeres zu Essen - vorausgesetzt man hat einen Backofen (woran dieses gesamte Unterfangen in meiner eigenen Wohnung auch schon wieder scheitert.. leider!)

Und noch eine Anmerkung: Ende letzten Jahres erreichte mich eine Email, in der mir angekündigt wurde, Forno de Minas würde hier in Deutschland tiefgekühltes Pao de Queijo auf den Markt bringen. Das wäre so toll *hibbel*. Gesehen hab ichs allerdings noch nirgendwo. Vielleicht gibts das ja nur in ganz speziellen Läden? Andererseits - wir haben ja jetzt alle das Rezept. Also - selbst ist die Frau (oder der Mann ;-) ).

18 Kommentare:

  1. Die sehen ja auch total lecker aus! Eine sehr schön bebilderte Reportage.

    Habe gerade die Pao de Leite Condensado bei Cascabel bewundert. Woher nur die Zeit nehmen, um alles auszuprobieren ;-)

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  2. Ein nettes Blog mit vielen leckeren Rezepten - kein Wunder bei der Mutter. ;-) Ich hätte da mal eine Frage zu brasilianischen Rezepten. Leider habe ich hier keine E-Mail-Adresse gefunden. Ich probiere es mal per ICQ... Ansonsten kannst du mir auch gerne eine E-Mail senden.

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  3. Noch eine kleine Nachfrage liebe Kochfröschin: Bei welcher Temperatur muss man die denn wie lange backen? Und kann es evtl. sein, dass die Mengenangaben nicht ganz passen. Ich habe das mal versucht nachzubacken aber trotz Zugabe von massiv viel weiterem Mehl sind die Brötchen beim Backen zu einem großen Fladen verlaufen. :-(

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  4. Ich muss leider sagen - ich weiß es nicht genau. Die Öfen in Brasilien sind Gasöfen und ich hab keine Ahnung wie heiß die sind. Die Dauer ist auch eher nach Augenmaß - dann wenn sie knusprig und leicht braun sind, sind sie fertig..

    Bei den Mengen.. uffz. Wir haben schon noch gut Mehl zugegeben als wir das hier zu Hause mal nachgebacken haben. Mit genauen Mengenangaben kann ich leider nicht dienen. Sorry.

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  5. hey,
    find ich klasse das rezept! Ich war selbst ein jahr in brasilien und wollte hier jetzt mal ein paar koestlichkeiten meiner dt. familie und meinen freunden zeigen, allerdings hab ich kein passendes rezept gehabt! vielen dank =)

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  6. ich habe von jemandem gelernt, der ein halbes jahr in Brasilien war. wir haben aus einem türkischen Laden Kefalotery Käse benutzt ca 200-300 gramm, 3 Eier, zwei kleine Tassen Milch , eine kleine Tasse Öl, bißchen Salz und bei 200 Grad backen. Der Käse ist auch trocken und salzig. Roh nicht so lecker aber varbacken dann sehr.

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  7. Hallöle,

    ich habe mal pao de queijo mit einem anderen Rezept gebacken. Die Konsistenz des "Resultates" kann man in etwa zwischen Gebäck und Brötchen einordnen. Würde deswegen mal gerne wissen, ob die brasil. paos eher fluffig weich oder schon nen bisl fester sind...oder ich versuche es einfach mal mit deinem Rezept :-).

    Viele Grüße

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  8. Hallo Mic,
    die Konsistenz ist schon eher "quatschig", was auf den recht hohen Käseanteil, sowie auf die Grundlage, also das povilho zurückzuführen ist. Reisst man Pao de Queijo auseinander, zieht das richtig Fäden, bevor es auseinandergeht.
    Allerdings gibt es auch in Brasilien ganz unterschiedliche Konsistenzen, ich kann da nur von der mir am bekanntesten Art reden.

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  9. Hallo ich Komme aus Brasilien und ich habe gestern Pao de queijo gebackt und die waren einfach lecker. So ich habe Jan´s post gelesen und ich wollte sagen, dass hier in Deutschland ich bei 180º backe und so lange bis sie hell/dunkel gelb sind, wie sie wollen. und ich habe ein ander zutaten benutzt.

    500g Tapiokamehl ( asiatischen Lebensmittelgeschäften)
    1 Kleinlöfel Salz oder nach belieben (aber nicht mehr als 1und 1/5)
    300ml milch
    150ml Öl
    3 Eier
    400g geriebene Goudakäse

    Entschuldigung für meine falsches Deutsch :(

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  10. Hallo, es gibt in einigen online-shops fertige Pao-de-Queijo-Massen von Hikari.. z.B. bei "Coisas-do-Brasil". Günstiger bzw. billiger wäre es aber schon aus Povilho selbst die Masse herzustellen. Gibt es neue Erfahrungen bezüglich der hier in D verfügbaren Käsesorten? Gauda, Mischung von Feta und Parmisan? Wäre es nicht besser den gehobelten Käse in warmer Flüssigkeit (Wasser, Milch, Öl) mit dem Pürierstab, Mixer oder Rührer fein zu homogenisieren? Ich will das probieren.. mir fehlt nur die Povilha.. Mit bestem Gruss Thom

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  11. Hallo! Wir sind ein bras. Ehepaar und wohnen zurzeit in DE. Wir backen oft Pao-de-queijo und unsere Rezept sieht sehr ähnlich wie deine... Unterschied ist, dass wir Butter statt Öl verwenden. Die beste Ergebnisse haben wir mit geriebenem Emmenthaler erreicht. Temperatur stellen wir immer auf max. d.H.: ca 250° und backen bis es gut aussieht :-)

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  12. @Marcelo: Danke für den Emmentaler-Tipp, das klingt gut! Ich muss glatt mal wieder versuchen pao de queijo zu backen - inzwischen habe ich ja auch einen Backofen..

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    1. Super Rezept !!! Finde die Bällchen klasse. Mich würde interessieren, welcher Käse sich am besten eignet, denn an diesen Quejo de Minas komm ich nicht ran :(

      Ich habe sie damals immer mit Hirtenkäse gemacht, wollte diesmal die Variante mit Emmentaler / Gouda oder Parmesan testen. Vermischst Du quasi den Feta/Hirtenkäse mit dem Emmentaler? Oder kommt dann nur Emmentaler bzw. Gouda in den Teig? Das war mir bei dem Rezept noch nicht ganz klar.
      Und abschließend: was ist besser? Öl oder Butter?

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    2. Hi Philipp,
      ich gebe zu - ich habe schon ewig keine mehr gebacken. Es gibt Varianten mit Emmentaler pur und es gibt Varianten mit Parmesan/Hirtenkäse gemischt. Erlaubt ist, was Spaß macht ;). Ich würde es jetzt vermutlich eher mit Emmentaler versuchen, auch wenn das geschmacklich und konsistenztechnisch ziemlicht weit von Queijo de Minas entfernt ist. Aber den kriegt man hier halt nicht. In sonstigen Rezepten wird oft Parmesan verwendet. Muss man einfach ausprobieren..

      Schöne Grüße,
      Kathi

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    3. Achja - also meine brasil. Gastmutter hat immer Öl verwendet.

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  13. ich bin absolut begeistert. ich liebe pao de queijo. bin vor 3 monaten etwa von meinem auslandsjahr in brasilien wieder gekommen (allerdings war ich im staat parana, was mich aber nicht davon abhält pao de queijo zu lieben) und vermisse alles so sehr. jeden tag ein pao de queijo aus der schulkantine... mhmhm... que saudades ;)
    also ich werde das mal ausprobieren, das vermeintlich beste pao de queijo. :D
    liebe grüsse, conni

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  14. Hallo,
    wo wohnst du in Minas?
    Ich habe ebenfalls Verwandte in MG, genauer gesagt in Coronel Fabriciano, in der Nähe von Ipatinga ;?

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    1. Ich lebe nicht in Minas, aber ich habe dort vor einer ganzen Weile (2001/2002) ein Jahr lang in einer Gastfamilie gelebt: in Ouro Branco (bei Ouro Preto bzw. Conselheiro Lafaiete). Seitdem war ich noch ein paar Mal dort, dabei ist (aber ebenfalls vor Jaahren) die Geschichte oben entstanden.

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